Gepäckprobleme (Montrealer Übereinkommen)

Der ultimative Leitfaden, wenn Ihr Koffer verspätet, beschädigt oder verloren geht. Internationales Recht einfach erklärt.

Schlüsselinformationen

Das Montrealer Übereinkommen (MÜ) ist Ihr wichtigster Verbündeter bei Gepäckproblemen auf internationalen Flügen. Es legt eine Haftungsobergrenze von derzeit ca. 1.600 € (offiziell 1.288 Sonderziehungsrechte) pro Passagier fest. Wichtig zu verstehen ist: Dies ist kein pauschaler Entschädigungsbetrag. Es ist der maximale Betrag, den die Airline für nachgewiesene Schäden erstatten muss. Dies umfasst notwendige Ersatzkäufe bei Verspätung, Reparaturkosten bei Beschädigung oder den Wert des Inhalts bei Totalverlust.

Ausführliche Beschreibung

Das globale Sicherheitsnetz für Ihr Gepäck

Während die EU-Verordnung 261/2004 sich um Ihre pünktliche Ankunft kümmert, sorgt das Montrealer Übereinkommen von 1999 dafür, dass auch Ihr Gepäck geschützt ist. Es ist ein internationaler Vertrag, der von über 130 Ländern unterzeichnet wurde, darunter die gesamte EU, die USA, Kanada und viele mehr. Es schafft einheitliche Regeln für die Haftung von Fluggesellschaften bei der Beförderung von Passagieren, Gepäck und Fracht.

Der Kern des Abkommens im Bezug auf Gepäck ist die verschuldensunabhängige Haftung. Das bedeutet, die Fluggesellschaft haftet für den Schaden, der an Ihrem aufgegebenen Gepäck entsteht, während es sich in ihrer Obhut befindet – ganz egal, ob die Airline ein Verschulden trifft oder nicht. Ihre Aufgabe als Passagier ist es, den Schaden korrekt und fristgerecht zu melden und seine Höhe nachzuweisen.

Praktische Tipps & Strategie

Ihre Checkliste für den Ernstfall

  1. Handeln Sie SOFORT am Flughafen: Gehen Sie nicht nach Hause! Suchen Sie den Gepäckschalter ("Lost & Found") Ihrer Airline oder deren Abfertigungspartner.
  2. Füllen Sie den Property Irregularity Report (PIR) aus: Dieses Formular ist das A und O. Ohne die Vorgangsnummer dieses Berichts ist eine spätere Forderung fast unmöglich. Überprüfen Sie alle Angaben auf dem Ausdruck, bevor Sie unterschreiben.
  3. Machen Sie Fotos: Dokumentieren Sie einen beschädigten Koffer von allen Seiten, inklusive des Inhalts. Machen Sie auch ein Foto des ausgefüllten PIR.
  4. Halten Sie die schriftlichen Fristen ein: Senden Sie nach der PIR-Meldung eine zusätzliche, formelle Schadensmeldung per E-Mail an den Kundenservice der Airline. Bei Beschädigung innerhalb von 7 Tagen, bei Verspätung (für die Ersatzkäufe) innerhalb von 21 Tagen.
  5. Erstellen Sie eine Packliste (präventiv): Machen Sie vor der Reise eine Liste oder Fotos vom Inhalt Ihres Koffers. Das erspart Ihnen im Verlustfall viel Kopfzerbrechen.
  6. Sammeln Sie alle Belege: Jeder Kassenbon für Ersatzkäufe ist Gold wert. Reichen Sie Kopien, niemals die Originale, ein.

Fallstudien aus der Praxis

Lernen Sie aus echten Beispielen.

Koffer am Urlaubsort verspätet

Szenario: Der Koffer einer Familie kommt erst 3 Tage später im Strandurlaub an. Die Familie kauft Badesachen, Sonnencreme und Kleidung für 350 €.

Ergebnis & Begründung: Die Kosten sind erstattungsfähig. Da es sich um notwendige und angemessene Ersatzkäufe handelt, muss die Airline die 350 € gegen Vorlage der Belege erstatten.

Kofferrolle abgebrochen

Szenario: Am Gepäckband stellt ein Passagier fest, dass eine Rolle seines teuren Marken-Koffers abgebrochen ist. Er meldet den Schaden sofort am Schalter.

Ergebnis & Begründung: Die Airline muss die Kosten für die Reparatur des Koffers übernehmen. Ist eine Reparatur nicht möglich, muss sie den Zeitwert des Koffers erstatten.

Koffer nach 30 Tagen verschwunden

Szenario: Ein Koffer bleibt nach einem Flug unauffindbar. Nach 21 Tagen gilt er als offiziell verloren. Der Passagier erstellt eine Liste des Inhalts im Wert von 1.200 €.

Ergebnis & Begründung: Der Passagier hat Anspruch auf Schadensersatz für den Koffer und seinen Inhalt bis zur Höhe des nachgewiesenen Wertes, in diesem Fall 1.200 €.